Die Logik der Organisation von Formatvorlagen in OpenOffice ist undurchdringlich schwer zu verstehen. Es gibt eine Logik – und ich spüre, daß sie viel reichhaltiger ist als das Opus Magnus von Mr. Gates.
Dieses Zitat eines OpenOffice-Nutzers im englischen OpenOffice Forum bringt die Problematik mit den Formatvorlagen schön auf den Punkt. Wenn auch die Logik der Organisation von Formatvorlagen in OpenOffice zwar nicht
undurchdringlich schwer zu verstehen ist, so ist sie ohne Zweifel ganz sicher
schwer zu verstehen. Und tatsächlich ist diese Logik
reichhaltiger als ihr Pendant in Word bzw. im echten Sinne logisch, d. h. sämtliche Vorlagen bauen nach einem stringenten Muster aufeinander auf. Hat man dieses Muster zumindest vom Ansatz her aber erst einmal verstanden, so kann man sich Stück für Stück eigene Vorlagen erstellen, welche Dokumente erzeugen, die exakt den eigenen Vorstellungen entsprechen und kaum bis gar keine Überraschungen mehr in sich bergen.
Durch die Entdeckung der Lösung mit der Zeichenvorlage „Fußnotenanker“ kam ich auf die Idee, einmal zu schauen, wie deren Einstellungen in der Standardvorlage von LibreOffice aussehen. Hier tun sich die ersten Schwierigkeiten auf, diese Vorlage überhaupt erst einmal ausfindig zu machen, manche im Netz
behaupten sogar, eine solche (ähnlich wie Normal.dot bei Word) gäbe es nicht.
Doch es gibt sie: Sie nennt sich – Überraschung –
Default.ott und befindet sich im Ordner C:\Program Files\LibreOffice\share\template\common\styles. Und als ich dort die Zeichenvorlage „Fußnotenanker“ öffnete, entsprach diese – Überraschung Nr. 2 – exakt meiner selbst erstellten Zeichenvorlage „Fußnotenanchor“.
Als ich mir diese Vorlage näher anschaute, entdeckte ich, daß die darin enthaltenen Formatvorlagen in einer ganz bestimmten Weise aufeinander abgestimmt sind. Entscheidend ist, welche Formatvorlage auf welcher basiert. Ändert man ganz behutsam nur die notwendigen Einstellungen entsprechend der „Logik der Organisation von Formatvorlagen“ in der jeweiligen Vorlage, so bewirkt dies zweierlei: Erstens wird dadurch vermieden, daß sich manche Einstellungen ins Gehege kommen („beißen“), zweitens wirken diese Formatvorlagen „defensiv“, d. h. sollten bei einem Dokument noch die ein oder andere „harte“ Formatierung notwendig sein, wird diese problemlos von LO-Writer angenommen.
Diese Entdeckung brachte mich auf den Gedanken, mir von dieser Standardvorlage Default.ott aus zunächst ebenfalls aufeinander aufbauende „Zwischenvorlagen“ zu erstellen und am Schluß dann diejenigen, die ich in meinem Benutzerverzeichnis (C:\Users\<Benutzername>\AppData\Roaming\LibreOffice\4\user\template) ablege.
Ich nahm also die Standardvorlage und kopierte diese in einen separaten Ordner, der nichts mit LibreOffice zu tun hat und benannte sie um, z. B. in
Default_7.3.7.2.ott.
Diese Datei „entschlackte“ ich, indem ich alle nicht benötigten Formatvorlagen verbarg und speicherte sie mit einem neuen Dateinamen (z. B.
Default_7.3.7.2 – entschlackt) ab.
Von dieser Datei wiederum ausgehend erstellte ich eine weitere Vorlage, in der ich nun die Aufzählungs- und Nummerierungs-Absatzvorlagen konfigurierte, die stimmig mit den entsprechenden Listen- und Zeichenvorlagen sind, die ich ebenfalls entsprechend konfigurierte. Wenn ich alles richtig gemacht habe (bis jetzt sieht es so aus), dann ist es für künftige Vorlagen oder Dokumente egal, welche Schriften (bzw. Schriftgrößen) verwendet werden: Die Aufzählungs- und Nummerierungszeichen sowie die jeweiligen Einzüge sind immer gleich, aber die Aufzählungs- und Nummerierungszeichen passen sich in künftigen Vorlagen oder Dokumenten der jeweiligen Schriftgröße an.
Außerdem setzte ich die Absatzvorlage Textkörper auf die Standardeinstellungen der übergeordneten Absatzvorlage Standard zurück.¹
Diese Vorlage speicherte ich mit einem neuen Dateinamen (z. B.
Default_7.3.7.2 – Basis) ab.
Von dieser Datei ausgehend erstellte ich (jetzt erst) meine speziellen Dokumentvorlagen wie z. B. „Delicious“, „Geschäftsbrief 1“, „BoD – 135-215“ etc.
Dies sieht zwar aufwendig aus (und ist es auch tatsächlich), aber es lohnt sich allemal, wenn man a) Vielschreiber ist oder b) wissenschaftliche Arbeiten an der Uni schreiben muß. Man kann diese Vorlagen (auch die Zwischenvorlage „Basis“) immer weiter anpassen (oder entdeckte Fehler ausmerzen). Hat man sich aber die Mühe gemacht, „saubere“ Basis- oder Erstvorlagen erstellt zu haben, wird die Mühe künftig immer geringer und der „Lohn“ immer größer: Nun kann man sich auf den
eigentlichen Inhalt des Dokuments konzentrieren
und bekommt (endlich) genau das Layout, das man sich vorgestellt hat.
¹) Dies funktioniert aber nur, wenn der Reiter Einzüge und Abstände geöffnet ist. – Will man eine andere Absatzvorlage mit mehreren (oder vielen) Einstellungen auf die „einstellungslose“ Standardvorlage zurücksetzen (sofern diese Vorlage auch auf der Standardvorlage basiert), und man weiß nicht, in welchen Reitern sich diese Einstellungen verbergen, dann klickt man einfach bei jedem Reiter (außer dem Reiter Verwalten) einfach
Auf übergeordnete Vorlage zurücksetzen, und schon sind alle Einstellungen verschwunden.
Grüße
Anodos
LibreOffice 7.3.7.2 (x64) + 7.4.5.1 (x32) + OpenOffice 4.1.13 (parallel) unter Win 10 Pro (22H2)